„Wer bringt es übers Herz, zwei Jungkatzen einfach in einem öffentlichen Mülleimer zu entsorgen?“ fragt Elke Sans. Die Katzenrevierleiterin im Konrad-Adenauer-Tierheim in Köln-Zollstock streichelt ein traurig dreinblickendes Nacktkatzenkind, das zusammen mit seinem Geschwisterchen auf brutale Weise ausgesetzt worden und nun hier gelandet ist. „Die sehr teuren Nacktkatzen sind krank. Katzenschnupfen und Durchfall führen zu Tierarztkosten und zeitlichem Aufwand. Doch kann man so unglaublich verantwortungslos mit Tieren umgehen?“, schüttelt Sans den Kopf und erzählt, dass das schwächere Katzenbaby trotz aller Bemühungen der Tierärzte bereits verstorben ist. Das Männchen, von den Pflegern wegen seines Aussehens E.T. genannt, scheint sich jedoch langsam zu erholen. Beide seien stark ausgetrocknet gewesen, was man noch an den vielen Falten im Nacken erkennen könne, erklärt die Katzenrevierleiterin.
Doch die beiden sind kein Einzelfall. Täglich kommen sowohl im Katzen-, als auch im Hunde- und Kleintierrevier neue Fund- und Abgabetiere hinzu. „Jedes Jahr zur Urlaubszeit wird das Tierheim von traurigen Schicksalen überschwemmt“, erzählt Pressesprecherin Silke Schmitz. So landeten vor rund zwei Wochen gleich zehn Meerschweinchen und 12 Kaninchen in einem Karton bei Rocco Lessing, dem Revierleiter Nagetiere. Auch er schüttelt verständnislos den Kopf. „Private Halter sollten auf die Kastration oder frühzeitige Geschlechtertrennung ihrer Nagetiere achten, sonst ist man in kürzester Zeit nicht mehr Herr der Lage, denn die Tiere vermehren sich schnell und zahlreich. Zur Urlaubszeit werden dann wie in diesem Fall auch einmal ganze Nagerfamilien ausgesetzt“, berichtet er.
Zu den neuen Insassen zählt auch der verschmuste Henry. Der etwa zehnjährige Pudel ist blind und hört schlecht. Er wurde laut Schmitz Anfang Juli einfach an einer Parkbank angebunden und in der Sonne ohne Wasser und Futter seinem Schicksal überlassen. Jetzt drückt er sich an seine Pflegerin und will gestreichelt werden. Laut Hunderevierleiterin Claudia Bauer häuften sich insbesondere im Hunderevier derzeit die älteren Fundtiere. „Tiere sind im Alter einfach zu unbequem und kostenintensiv, weil sie vermehrt kränkeln und dann werden sie anlässlich des Urlaubs einfach ausgesetzt“, erklärt sie. Oft seien es im Sommer jedoch auch Tiere, die als Welpe zu Weihnachten unter dem Christbaum lagen und nun zur Haupturlaubszeit lästig seien und einfach entsorgt würden. Das erkenne man am typischen Alter von circa neun bis zehn Monaten, weiß die Hunderevierleiterin.
Schmitz verweist in diesem Zusammenhang auf die Aktion des Deutschen Tierschutzbundes „Nimmst du mein Tier, nehm´ ich dein Tier“, bei der mit Hilfe der Vermittlung der Organisation Tierhalter sich gegenseitig Unterstützung geben und die Tiere während Urlaubs- oder Krankheitszeiten bei sich aufnehmen. Und auch das Konrad-Adenauer-Tierheim bietet in begrenztem Umfang die Möglichkeit, Tiere in der Ferienzeit als Pensionsgäste dort abzugeben. Das hänge immer von den Kapazitäten ab, erzählt Schmitz. Und auch, wer sein Tier loswerden wolle, könne gegen eine geringe Gebühr im Tierheim abgeben, statt es einfach auszusetzen.
Bei der derzeitigen Vielzahl an Fund- und Abgabetieren ist das Tierheim dringend auf Unterstützung durch Spenden angewiesen. Denn die Auffangstelle für unerwünschte Haustiere finanziert sich überwiegend privat. Träger des Ganzen ist der Kölner Tierschutzverein von 1868, einer der ältesten Tierschutzvereine Deutschlands. Er wurde am 21. Juli 1868 gegründet. Seinen heutigen Namen erhielt das Tierheim jedoch erst zum hundertjährigen Geburtstag des einstigen Oberbürgermeisters der Stadt Köln.
Ob der kleine E.T. und der blinde Henry bald ein neues Zuhause finden, ist die Frage oder besser Geschmackssache - zumindest, was das spezielle Aussehen der Nacktkatze angeht. „Das ist nicht jedermanns Sache“, meint Schmitz. Bei Henry hat sie die vage Hoffnung, dass er vielleicht bei einem älteren Ehepaar unterkommen könnte, weil er aufgrund seines Alters selbst ein ruhiger, dafür aber ein sehr verschmuster Vertreter ist.
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