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Körperwelten – mehr Bürokratie- als eine Herzenssache

„Körperwelten – Eine Herzenssache“ ist der Titel der neuen Ausstellung von Gunther von Hagens. Ab morgen präsentiert der umstrittene Plastinator erneut eine Vielzahl spektakulärer Präparate, die einen Einblick in die Funktionsweise des menschlichen Körpers gestatten. Ein thematischer Schwerpunkt dieser Ausstellung ist das Herz mit seinem weit verzweigten Gefäßsystem. „Das Thema des Herzens zieht sich durch alle Bereiche“, erklärt die Ausstellungskuratorin und Ärztin Dr. Angelina Whalley während der Pressekonferenz zur Eröffnung der Körperwelten.

Weniger die Anatomieschau an sich, die weltweit bereits mehr als 28 Millionen Menschen in über 50 Städten angezogen hat, war jedoch hierbei das Thema Nummer eins, als die Tatsache, dass das Ordnungsamt der Stadt Köln zwei Tage vor Eröffnung die Körperwelten-Ausstellung nur unter bestimmten Auflagen genehmigt hat. Um die Jugend zu schützen „dürfen Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres die Ausstellung nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten oder einer erziehungsbeauftragten Person besuchen“. Schon diese Einschränkung stieß auf Unverständnis bei den Organisatoren. Schlimmer noch empfanden sie jedoch die Tatsache, dass wie bereits in Augsburg auch in Köln das Plastinat „Schwebender Akt“ nicht gezeigt werden darf. Die Stadt Köln beruft sich bei diesem Verbot auf den Schutz der Totenwürde. Denn hierbei werden ein Mann und eine Frau beim Geschlechtsakt gezeigt. Insbesondere die emotionale Darstellung war bereits bei einer Ausstellung in Augsburg auf herbe Kritik gestoßen und hatte ein Gerichtsurteil nach sich gezogen.

Aus diesem Grund hatten Gunther von Hagens und die Ausstellungskuratorin, die gleichzeitig seine Ehefrau ist, auch ihren Anwalt, Dr. Holger Schmitz, und den Philosophieprofessor Dr. Franz Josef Wetz zur Pressekonferenz mit eingeladen. Beide äußerten sich jeweils sowohl aus juristischer als auch aus bioethischer Sicht über die Unsinnigkeit dieses Verbots. Der Professor sprach von dem „Trillerpfeifenargument Menschenwürde“ und bezeichnete die Plastinate als „verweslichen Rückstand gewesener Subjekte“. Der Versuch die Ausstellung des „Schwebenden Akts“ zu verbieten, laufe vollständig ins Leere, ärgerte sich Wetz.

Auch von Hagens äußerte sich verärgert über die vielen Anfeindungen und Auflagen, die es auch schon bei früheren Ausstellungen in Deutschland gegeben hatte: „Wir sind damals bewusst in die USA gegangen und ich habe gesagt, ich komme erst zurück, wenn ich nicht mehr zensiert werde“. Hagen, der die Plastination menschlicher Körper im Jahr 1977 erfunden hatte, erzählte in diesem Zusammenhang aus seiner Studentenzeit, in der er als „ehemaliger Ost-Pinscher“, wie er es ausdrückte, immer auf das demokratische Westdeutschland gesetzt hatte und er schimpfte auf die Stadt Köln als meistverschuldete Stadt Deutschlands mit der höchsten Kriminalitätsrate: „Dort werden Verbote erlassen und Anwälte beschäftigt, die auch wieder Geld kosten“, sagte von Hagen und versprach gegen das Verbot vorgehen zu wollen.

Da sich das Verbot auch auf ein Foto von dem besagten Plastinat bezieht, enthüllte er feierlich eine mit roten Tuch bedeckte Skulptur aus Obst und Brot, die zwei menschliche Körper stilisierten, und einen mit Goldpapier zugedeckten Spiegel, den er den Verantwortlichen vorhalten wollte. Damit führte er die Presse bewusst an der Nase herum, da jeder Anwesende erwartete, entgegen des Verbotes, doch das besagte Plastinat vor die Kamera zu bekommen. So verkam die Pressekonferenz, die eigentlich Geschmack auf die neue Ausstellung machen sollte, zu einem Feldzug gegen die Bürokratie in Deutschland.

Das war schade, denn die neuen Körperwelten sind nicht nur sehenswert, sondern auch informativ und wissenschaftlich aufgebaut. Beginnend mit dem Skelett des Menschen, über das Zusammenwirken der Muskulatur bis hin zur Entwicklung im Mutterleib enthält der Besucher ein detailliertes Bild über den Aufbau seines Innenlebens. Zu der Vielzahl neuer spektakulärer Präparate zählt gar eine eindrucksvoll mitten im Raum aufgestellte über fünf Meter große Giraffe – natürlich mit gesondert ausgestelltem Herzen.

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