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Erst sterben die Insekten, dann die Menschen



„Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen.“ Das soll schon Einstein gesagt haben. Und wie es aussieht, kann die Menschheit diese These bald in der Praxis testen – zumindest wenn sie so weitermacht. Denn: Drei Viertel des Insektenbestandes in Deutschland sind in den letzten 30 Jahren verschwunden. In anderen Ländern sieht es nicht besser aus. Einige Wissenschaftler sprechen deshalb vom sechsten großen Arten- und Individuensterben auf unserem Planeten.

Die Gründe für den starken Insektenschwund sind vielschichtig. Doch die Ursache ist klar: die in der Landwirtschaft eingesetzten Chemikalien irritieren, betäuben oder töten die Insekten. Hans Hinrich Kaatz von der Naturwissenschaftlichen Fakultät in Halle führte unterschiedliche Tests an Honigbienen durch. Mit Roundup (Glyphosat), das im Ackerbau massenhaft als Unkrautvernichter eingesetzt wird, untersuchte er mit seinem Team die Auswirkungen. Die Forscher fanden heraus, dass bei Bienen dosisabhängig durch Glyphosat nicht nur der Herzschlag herabgesetzt und sie damit deutlich geschwächt werden, sondern dass die Bienen zudem bei der Rückkehr zum eigenen Volk stark irritiert sind. Sie brauchen deutlich länger länger für den Rückflug zum Bienenstock oder bleiben ganz auf der Strecke. Während gezüchtete Bienenvölker diese negativen Auswirkungen teilweise abpuffern können, droht alleinlebenden Solitärbienen durch die giftigen Substanzen der Verlust ihrer Brut.

Doch nicht nur Pestizide machen Bienen, Käfern, aber auch Libellen und Schwebefliegen das Überleben immer schwerer. Agrarwüsten mit riesigen Feldern engen den Lebensraum von Insekten immer mehr ein. Fehlt Hummeln und anderen Wildbienen Nektar als Nahrung, haben sie kaum eine Chance den eigenen Nachwuchs durchzubringen, geschweige denn neue Königinnen großzuziehen. Der Agrarökologe Teja Tscharntke von der Universität Göttingen schätzt die Folgen von fehlenden Blühstreifen ähnlich schwerwiegend wie den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln ein. Dabei sorgen die kleinen Arbeiter und Lebewesen für eine jährliche Wertschöpfung von 150 Milliarden Euro, wie der Biologe Josef Settele vom HelmholtzZentrum für Umweltforschung erklärt.

150 Milliarden Euro - das ist der Wert, den allein die Bestäuber für uns Menschen an Nahrungsmitteln erschaffen. Ohne Lobby arbeiten sie still und heimlich und machen auch Drecksarbeit: Sie verwandeln tote Pflanzenteile zu wertvollen Böden und spielen bei der Aasverwertung eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sind die Insekten Nahrung für viele andere Tiere, allen voran die Vögel. Und sie regulieren sich sogar gegenseitig. Vom Menschen als Schädlinge betrachtete Spezies sind oft die bevorzugte Beute von nützlichen Jägern. So haben alle Insekten, egal ob Bestäuber, Verwerter oder Jäger, ihre Funktionen im Kreislauf des Lebens. (Quelle: arte.tv)

Am Samstag, 24. November, um 21.55 Uhr gibt es dazu eine Arte-Dokumentation. Sie gibt Einblick in aktuelle Studien und erklärt, woran es krankt und wo dringender Handlungsbedarf besteht. Online kann die Dokumentation vom 23. November bis 24. Dezember unter www.arte.tv angesehen werden.


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