Direkt zum Hauptbereich

Pilotanlage zum Fischschutz an der Unkelmühle



Die Tage der fossilen Brennstoffe sind gezählt und auch der der Ausstieg aus der Atomenergie ist beschlossene Sache. Bis 2025 soll bis zu 45 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, Müll und Erdwärme gewonnen werden. Doch umweltfreundliche regenerative Energiegewinnung hat ihren Preis. Windkraftanlagen zerhäckseln Vögel, Fledermäuse und Insekten, die Turbinen der Wasserkraftanlagen insbesondere Wanderfische. Darum sinnen Politiker und Unternehmen der Energiegewinnung auf Abhilfe. Im Wasserkraftwerk Unkelmühle an der Grenze zwischen Eitorf und Windeck an der Sieg ist dies nun im Rahmen eine spektakulären Pilotprojekts gelungen.

Umweltministerin Ursula Heinen-Esser und Hans Bünting, Vorstand Erneuerbare Energie der innogy SE, eröffneten im Mai gemeinsam nach einer Projektlaufzeit von zehn Jahren die Fischschutz-Pilotanlage an der Unkelmühle. „Dies ist ein bedeutendes Projekt, dass CO2-arme Energiegewinnung mit Artenschutz vereint. Ich freue mich sehr, dass die Pilotanlage Fischschutz im diesjährigen internationalen Jahr des Lachses in den Regelbetrieb gehen kann“, sagte die Ministerin. Bünting erinnerte in seiner Rede an die lange Tradition der Nutzung der Wasserkraft an der Sieg, die bereits im 17. Jahrhundert begonnen hat. „Ich freue mich, dass hier Fischschutz, Umweltschutz und Klimaschutz auf einen Nenner gebracht wird“, sagte der innogy-Vorstand. Die „hohen Investitionen“ habe das Land mit knapp vier Millionen Euro gefördert, denn die Sieg sei ein idealer Test-Standort, verwies Bünting auf die bestens dokumentierten Lachs- und Aalpopulationen und die typische Größe des Wasserkraftwerks Unkelmühle.

Von den besonderen Anforderungen in den fünf bis sechs Untersuchungszeiträumen während des biologischen Monitorings berichtete Dr. Detlev Ingendahl, der als Referent Gewässerökologie beim NRW-Umweltministerium arbeitet. Da die Fische aus Angst vor Fressfeinden wie Kormoranen und Reiher nur nachts wandern, mussten die Wissenschaftler ebenfalls zu diesem Zeitpunkt vor Ort sein. Sie kecherten die Tiere heraus, zählten sie und statteten sie mit einem Mini-Sender aus, um festzustellen, ob sie nach Installation der Schutzrechen unbeschadet die Kraftwerksturbinen umgehen können. Oberhalb des Schutzrechens wurde eine Fließrinne eingerichtet, durch die oberflächlich wandernde Fische wie Lachse das Kraftwerk passieren können. Für die Aale, die sich eher am Gewässergrund aufhalten, wurden spezielle Rohre installiert, die diese jedoch kaum benutzten, wie sich herausstellte. Stattdessen folgten sie den gleichen Wegen wie die Lachse. „Für künftige Anlagen wissen wir nun, dass wir diese Aalrohre nicht brauchen“, so der Biologe – eine Erkenntnis, von der etwa auch die am Projekt beteiligten Norweger profitieren, wie Ingendahl sagte.

Die hohe Schutzrate, die für den im Frühjahr abwandernden Lachs von 90 bis 97 Prozent und für den im Herbst wandernden Aal in Höhe von 92 bis 100 Prozent festgestellt wurde, hat jedoch ihren Preis. Beim betrieblichen Monitoring stellte sich nämlich heraus, dass die Schutzrechen, die das Einschwimmen der Fische in die Kraftwerksturbinen verhindern, auch die effiziente Stromerzeugung beeinflussen. Die Rechen müssen nämlich bei starkem Aufkommen von Geschwemmsel bei Hochwasser kontinuierlich gereinigt werden – ein besonderer Anspruch an die Technik und Betrieb, wie Bünting sagte. Jedoch konnten die anfänglichen Erzeugungsverluste durch Anpassungen von 13 Prozent auf rund acht Prozent reduziert werden. „Die Fische freuen sich, dass sie gesund in ihre Laichgewässer wandern können“, resümmierte der innogy-Vorstand. Den unbeschadeten Aufstieg der Fische ermöglicht indes bereits seit 1990 eine Blocksteinrampe und ein Denilfischpass, der nun durch 27 stufenförmig angelegte Becken ersetzt wurde. Nun können auch schwimmschwache Fischarten die Höhendifferenz von drei Metern überwinden. Die Gesamtkosten für die Maßnahme betrugen fünf Millionen Euro.



Info: Wasserkraftwerk Unkelmühle
Das Wasserkraftwerk Unkelmühle wurde 1923 von der Eitorf AG eröffnet, 1965 übernahm es die RWE. Im Jahr 1990 wurden die ersten beiden Fischpassagen an der Wasserkraftanlage eingerichtet, die von 80 ist, die die innogy in Europa mit einer Gesamtleistung von über 510 Megawatt betreibt. In Eitorf werden 500 Haushalte mit Strom versorgt. Im Jahr 2009 schlossen das Land NRW und innogy einen Vertrag zur Umbau der Wasserkraftanlage zu einer Pilotanlage für den Fischschutz und Fischabstieg. Planung und Umbau erfolgten in den Jahren 2011 bis 2013. Im Einlaufbereich der drei Turbinen wurde ein Schutzrechen mit einem zehn Millimeter Stababstand installiert, der das Eindringen von Junglachsen und Blankaalen verhindert. Kontrolliert wurde die Wirkung nach der Inbetriebnahme in 2014 in einem dreijährigen biologischen und fünfjährigen betrieblichen Monitoring, an dem das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, die Uni Köln, ein fischökologisches Büro und ein norwegisches Forschungsinstitut beteiligt waren.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Morden geht weiter - unorganisiertes Verbrechen in Hengasch

„Gasthof Aubach“ steht in großen Lettern über dem Eingang. Da muss man schon zweimal hinschauen, denn eigentlich kennt man ihn ja als Gasthof Röttgen. Aber der fungiert derzeit als Drehort für die beliebte ARD-Krimiserie „Mord mit Aussicht“. Ein Locationscout hat das schöne Fachwerkensemble im Herzen von Berg Seelscheid unterhalb der evangelischen Kirche entdeckt, wie Inhaber Klaus Haas verrät. So geht es derzeit turbulent zu rund um den Gasthof. „Wir haben ja Mittwochabend und Donnerstag geschlossen und die Termine werden im Vorfeld abgesprochen“, erzählt Haas von der Organisation seines Gastronomiebetriebes in Verbindung mit dem Drehterminen. Und davon gibt es jede Menge. Wie seine Namensvetterin im Film, die Kommissarin Sophie Haas, am Drehort verrät, spielt immerhin ein Drittel der dritten Stafffel des Eifelkrimis in Seelscheid. Das liegt an der Entfernung, denn in die Eifel ist es viel weiter und damit der Kostenaufwand für das Drehteam höher. Eigentlich ist Sophie Haas ali

Vorsicht vor dem heimischen Kraut

Eigentlich sieht es ganz hübsch aus, wenn es so gelb blüht. Und es ist – im Unterschied zu den sich immer weiter verbreitenden Neophyten wie Bärenklau oder Ambrosia – eine alte heimische Pflanze. Trotzdem ist es gefährlich. Die Rede ist vom Jakobskreuzkraut, das insbesondere Pferdebesitzer fürchten. „Das Jakobskreuzkraut ist überall verbreitet und eine wichtige Futterpflanze“, sagt Klaus Weddeling von der Biologischen Station Eitorf. Der Diplom-Biologe meint damit insbesondere Insekten wie den Jakobskreuzkraut-Bär, eine Schmetterlingsart, die auf der Pflanze lebt und sich deren Gift zunutze macht, um sich selbst vor Fraßfeinden zu schützen. Deswegen ist Weddeling auch dagegen, die Pflanze auszurotten, obwohl sie sich seit 2004 laut der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen vermehrt ausbreitet. Erklärt wird das mit der Trockenheit und damit, dass sich die Samen früher in Wildsamenmischungen befanden, die nach Straßenbaumaßnahmen ausgestreut wurden. Aber die Pflanze hat ihre Tück

Hitze-Tipp: Klimaanlage selbst gemacht

Endlich ist Sommer und endlich gibt es wieder Tropennächte. Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, sind schön – zum Feiern, Draußensitzen, Partymachen, aber nicht zum Schlafen. Bevor man zur teuren Klima-Anlage greift (die sich noch dazu in unseren Breiten nicht wirklich lohnt), sollte man lieber ein bisschen kreativ werden. Denn eine im Vergleich zu den herkömmlichen umweltfreundliche Klima-Anlage fürs Schlafzimmer kann sich jeder ganz einfach selbst basteln. Was man dazu braucht, haben die meisten: einen Ventilator, ein nasses Handtuch und einen Stuhl. Es geht darum, sich die Verdunstungskälte zunutze machen. Diese entsteht, wenn Wasser in einen gasförmigen Zustand übergeht. Am besten stellt man einen Ventilator auf einen Stuhl mit Lehne, nimmt ein nasses Handtuch und hängt es darüber. Wer möchte, kann den unteren Teil des Handtuches auch noch in einen Eimer mit Wasser hängen. Der Ventilator bläst gegen das Handtuch und das Wasser verdunstet nach und nach und